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Frankfurter Rundschau  - Vielleicht nie wieder dienstags  Page 1 of 2






                                                             Offenbach - 12 | 2 | 2013
            Vielleicht nie wieder dienstags
            Von Madeleine Reckmann
            Bürgeler Ranzengarde denkt darüber nach, ob sie die Kappenfahrt auf einen Sonntag legt
            Wenn heute wieder Spielmannszüge und Gardemädchen bei der Kappenfahrt der Ranzengarde durch den
            Offenbacher Stadtteil Bürgel ziehen, könnte das zum letzten Mal so sein. Der Zug an sich steht nicht auf der
            Kippe, aber das Datum. Den Fastnachtsumzug gibt es seit 1905 in Bürgel. Seit 1919 ist immer der
            Fastnachtsdienstag dafür vorgesehen.
            In der Ranzengarde denkt man darüber nach, den Zug auf ein Wochenende, vielleicht den Sonntag vor
            Fastnachtssonntag, zu verlegen. „Der Fastnachtsdienstag ist in manchen Gegenden kein Feiertag mehr, wo es
            früher einen halben Tag frei gab“, erklärt Wolfgang Zühlke, der nach eigenen Worten in der Ranzengarde das
            „Mädchen für alles“ und Sitzungspräsident des Elferrats ist. Viele Leute müssten heute bis abends arbeiten, so
            dass sie weder als Aktive im Zug mitlaufen noch sich den Zug anschauen könnten. „Wenn bei einer Kapelle von
            30 Leuten die Hälfte fehlt, ist die ganze Musik kaputt“, sagt Zühlke. „Es schmerzt schon, dass das Brauchtum
            verändert werden muss“, sagt er. Aber eine Kappenfahrt brauche praktikable Lösungen. Eine Umfrage unter den
            Mitgliedern der Ranzengarde brachte laut Zühlke noch keine Resonanz auf eine eventuelle Verlegung.
            Die Ranzengarde möchte es mit einem Sonntag probieren, wenn auch nicht dem Fastnachtssonntag, weil dort
            andere Züge wie der in Frankfurt Konkurrenz machen und es für diesen Tag kaum Musikgruppen oder Garden
            gibt. Am Sonntag vor Fastnacht dreht allerdings der Dietzenbacher Umzug seine Runden, und auch die
            Dietzenbacher Tanzgarde hat Probleme, genug Teilnehmer aufzutreiben. „Manche Vereine möchten nicht
            mitlaufen, weil sie an den großen Umzügen über Fastnacht genug zu tun haben“, sagt Beate Fenchel,
            stellvertretende Vorsitzende der Tanzgarde. Auch Zuschauer würden rar.
            Dass es überhaupt in Bürgel einen Fastnachtsumzug gibt, ist dem damaligen Bürgermeister Caspar Lammert zu
            verdanken.
            Er war von 1891 bis 1908 im Amt und legte sich 1905 mit dem katholischen Pfarrer Gottfried Schaider an, der
            sich der Einführung des Zugs entgegenstellte. „Unsittliches Tun“ sei das Fastnachtstreiben, so der Pfarrer. Der
            Bürgermeister hatte die Fahrt aber schon genehmigt. Nach Informationen von Zugmarschall Toni Tippmann sind
            seitdem fast jedes Jahr in Bürgels Straßen die Narren los. Nur 1906, während der beiden Weltkriege, und in den
            1990er Jahren wegen des Sturmtiefs Wiebke und während des ersten Golfkriegs fiel die Fahrt aus.
            In diesem Jahr konnte Tippmann wieder 60 Zugnummern für Bürgel gewinnen. Dabei sind fünf Musikgruppen.
            Erwartet werden 10000 bis 15000 Zuschauer. Die Stadt verweist auf den Jugendschutz auch an der Fastnacht.
            An Jugendliche dürfe nichts Hochprozentiges ausgeschenkt werden, warnt sie.
            Die Kappenfahrt startet am heutigen Dienstag um 14.31 Uhr in der Brandenburger Straße in Bürgel und
            zieht durch See-, Offenbacher und Stiftstraße, am Dalles vorbei und zurück zur Offenbacher Straße.

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